Gemeindereise ins Elsass
Bis nach Strasbourg wurden wir jedoch per Car chauffiert. Am Mittag des 9. Septembers kamen wir dort an. Mit unserem Hotel gönnten wir uns keinen grossen Luxus, lagen aber sehr zentral. Zu Fuss ging es zum Münster. Hier empfing uns eine promovierte Kunsthistorikerin. Ein ziemliches Original. Sie wirkte zuerst eher weltfremd, gab aber verschiedene Proben trockenen Humors und öffnete sich uns gegenüber im Verlauf der Altstadtführung immer mehr. Unser Hotel verfügte über keine eigene Küche, so genossen wir das Abendessen jeweils im gleich benachbarten Restaurant mit dem klingenden Namen «Le Schnockeloch». Nach dem Essen unternahmen wir einen Verdauungsspaziergang. Er führte uns ans Ufer der Ill. Hier bestiegen wir ein Panoramaboot und unternahmen eine nächtliche Stadtrundfahrt. Ein eindrücklich erleuchtetes Strasbourg bot sich unseren Augen.
Der zweite Tag begann kirchlich. Am Liebfrauenmünster, der Cathédrale Notre-Dame de Strasbourg, führte natürlich kein Weg vorbei. Wir waren zeitig dort und besichtigten den eindrücklichen Bau, bevor die grossen Touristenströme sich ihren Weg dorthin bahnten. Um das konfessionelle Gleichgewicht zu wahren, zogen wir anschliessend weiter zur protestantischen Thomaskirche. Diese ist auch für ihre von Johann Andreas Silbermann erbaute Orgel berühmt, auf der Wolfgang Amadeus Mozart und Albert Schweitzer gespielt hatten. Ein kommunikativ nicht mit allen Wassern gewaschener Historiker führte uns durch das Gebäude. Seinen Fokus hatte er aber nicht in erster Linie auf diesem. Es waren vielmehr und berufsbedingt die geschichtlichen Zusammenhänge, die ihn interessierten. Schade, dass er uns diese in einem eher trockenen Vorlesungsstil vermittelte. Weniger trocken war das Mittagessen, das anschliessend im Herzen des malerischen Quartiers «La petite France» auf uns wartete. Nachmittags verliessen wir das kirchlich-geschichtliche Strasbourg und wandten uns dem europapolitisch-zeitgenössischen zu. Wir besuchten das allein schon seiner Dimensionen wegen imposante EU-Parlament. Der Zufall wollte es, dass wir gemeinsam mit einer Gruppe von Pfarrerinnen und Pfarrern aus Berlin per Kurzfilm an die Institution herangeführt wurden. Anschliessend setzten wir uns auf die Besuchertribüne des riesigen (und zu dieser Zeit leeren) Plenarsaals. Eine anfangs eher unterkühlte Gästebetreuerin taute während der Führung immer mehr auf, bot uns hilfreiche Erklärungen und stellte sich unseren Fragen. Es war vor allem die Gruppe aus Deutschland, die solche stellte. Man realisierte, dass die EU in ihrem Alltag eine konkretere Rolle spielt als in unserem. Abends trafen wir uns wieder «Au Schnockeloch». Wer bis dahin noch keinen Flammekueche verspiesen hatte, kam spätestens jetzt in diesen Genuss – à discrétion.
Am dritten Tag ging es nach Colmar. Hier nahm uns eine entspannte Dame in ihre Obhut und führte uns locker-humorvoll durchs Städtchen. Dieses zeigte sich auch dank des wunderbaren Wetters von seiner besten Seite. Über die grosse Anzahl Touristen wollen wir nicht klagen, wir steuerten ja auch unseren Teil dazu bei. Nach dem Mittagessen wartete ein Höhepunkt der Reise auf uns: das vom Maler Mathis Gothart Nithart (genannt Grünewald) geschaffene Altarretabel aus Isenheim. Wir nahmen uns Zeit und liessen uns auf dieses einzigartige Werk ein. Nach dem obligaten Gang durch den Museumsshop fuhr man zurück nach Strasbourg.
Hier gestalteten wir den Morgen des vierten Tages nach individuellen Vorlieben, ein festes Programm war nicht eingeplant. So stieg man aufs Münster, lustwandelte durch die Stadt, ass, was man bis anhin noch ausgelassen hatte, oder kaufte Spezialitäten ein. Egal, was wir taten, über uns allen schien die Sonne vom blauen Himmel. Sie lachte uns auch auf der Heimreise, die wir kurz nach dem Mittag antraten – mit der einen oder anderen Delikatesse im Gepäck. Der Mensch lebt ja schliesslich nicht von der leichten Kost allein.