Vergänglichkeit

Predigt, 6. November 2022, Ruth Oppliger

Zur Ausstellung «Vergänglich» vom 1. bis 30. November 2022 in der Seitenkapelle der Stadtkirche

Kunstwerke

«Vergänglich» - mir hei Skulpture us Ton u Biuder vom Ueli Gerber zu däm Thema hie ir Chiuche. Mir hei Gedanke vo ihm säuber derzue ghört. Konfirmand*inne hei ihri Überlegige vortreit. Mir aui hei üsi eigete Asichte derzue…

Mönschlechi Körper, gformt us Ton, gmacht vo mönschleche Häng us Ärde. Verschiedeni Mönsche si dargschteut, jede u jedi isch angers. Si si nume adütigwiis z erchenne, si eme Prozess vo Wärde u Vergo ungerworfe. Abschied u Neuafang isch mit ihne usdrückt.

Si si Kunstwärch, wo üs lö stuune u däiche u gschpüüre.

Vergänglichkeit im Kirchenjahr

Mir befinge üs im Chiuchejohr scho fasch am Änd. Im chirchleche Kaländer si mr jetz bsungers mitem Thema vor Vergänglechkeit beschäftiget. Ir reformierte Chiuche isch ds Gedänke a di Verstorbene u a di eigeti Stärblechkeit ufe letscht Sunndig vom Chiuchejohr festgleit. Bi üs heisst dä Tag Totesunndig. Oder Ewigkeitssunndig, -mit däm Name schteue mir d Hoffnig ufs ewige Läbe is Zentrum. Am Sunndig druf isch dr 1. Advänt u dermit fot äs neus chirchlechs Johr a.

«Vergänglechkeit», das isch so äs richtigs Novemberthema. Dr läng, warm Herbscht geit doch verbi. D Temperature sinke langsam u d Tage wärde chürzer. Di farbige Blätter vo de Böim gheie a Bode u mir wüsse, jetz schteit d Winterzyt vor dr Tür. D Natur füehrt üs ds Schtärbe vor Ouge. D Stimmig vo viune vo üs wird nachdänklech bis bedrückt.

Isches jetz a dr Zyt, sech Gedanke über di eigeti Vergänglechkeit z mache, über Schtärbe u Tod? Ou we das nid äs beliebts Thema isch, so wei mr hüt üse Blick trotzdäm druf richte.

Gärn mache mr das nid aui. Natürlech isches normal, dass das Thema für di meischte Junge bi üs no wit wäg isch. Leider aber ou nid für aui. U scho gar nid für die, wo i de ärmschte Länder oder i Chriegsgebiet läbe. Ou mir, wo zu de Mittualterleche oder Ältere ghöre, hei hüfig viu Erfahrig im Verdränge vo schwierige Theme. Dr Umgang mitem Tod isch i üser Gseuschaft derfür rundum professionalisiert - Chrankehuus, Pflegheim, Pflegedienscht, Bestatter, Truurbegleiterin u öppe ou d Pfarrer*inne si für aus im Zämehang mitem Schtärbe zueständig.

Tod mitten im Leben

We mir über d Vergägnlechkeit nochedäiche, so däiche mr im Normalfau zersch as Schtärbe, a Tod u Truur. We mir persönlech u direkt betroffe si, späteschtens denn chöi mir nümm uswiiche. We i üsem Unfäud öpper läbesbedrohlech chrank wird, oder gar schtirbt, si mir i üser Existenz diräkt betroffe u wärde derdür mit dr eigete Vergänglechkeit konfrontiert.

Mir isch ganz wichtig, dass üs d Usenangersetzig mit dr Vergänglechkeit gäng wieder zmitts is Läbe füehrt. I meine dermit, dass im Grund jedi Nachricht vo Verletzig, vo Gwalt, Ungrächtigkeit u Chrieg ä Botschaft über d Verletzlechkeit vom Läbe isch.

We mir aui Schreckensbotschafte vor Wält läse oder am Fernseh luege, de isch viu vo däm gliich no wiit vo üs wäg u mir lö üs meh oder weniger dervo lo beträffe.

Im eigete Läbe isch aber de jedi Chrankheit sofort ä Erinnerig dra, dass mir nid unverletzbar si. Jede Abschied, jedi Erfahrig vo Verluscht zeigt üs, dass aus einisch verbi geit u nüt ewig duuret.

Vergänglichkeit in der christlichen Tradition

Psalm 90: Vergänglechkeit isch ou ir Bibu äs duurhafts Thema. So im Psalm 90 usem Aute Teschtamänt, wo mir ir Läsig hei ghört. Grad i de Psalme wärde mir Mönsche gäng wieder druf häre gwiese, dasses nötig isch, sich mit dr Ändlechkeit usenangerzsetze. So heissts dert: «Lehr uns unsere Tage zählen, damit wir ein weises Herz gewinnen.»

2. Korinther 5,7-8: «Wenn also jemand in Christus ist, dann ist das neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe Neues ist geworden. Alles aber kommt von Gott, der uns durch Christus mit sich versöhnt und uns den Dienst der Versöhnung aufgetragen hat.»

Ds Aute isch vergange, Neus isch worde… Mit dene Wort überchunnt Vergänglechkeit ä neui Dimension. Üses Läbe isch ändlech, klar.

Äs wird aber gäng neu gschaffe dür Gott. So wi mir aui während em Läbe gäng wieder Momänte vom Tod erfahre, so chöi mir entsprächend Erläbnis vom Uferschto, vo neuem Läbe, mache: neui Schöpfig si mir dür ds Handle vo Gott i Christus. Jesus het dr Tod am eigete Liib erfahre. Är isch aber uferschtange. U mir si mit Christus verbunge, drum isch üs äbefaus ds neue, ewige Läbe versproche.

D Uferstehig im Läbe het na dene Wort ä ethischi Dimension u het mit Versöhnig z tüe.

Gott nimmt üs a, versöhnt sech mit üs, trotz au üsne Verfählige. Derdür hei mir aber klar ä Uftrag, säuber versöhnlech z läbe. Äs bedütet für üs, dass mir Verantwortig träge für üs u für d Mitwält. Das heisst, dass mir üs für Wahrhaftigkeit u Grächtigkeit isetze.

Bewusstsein der Vergänglichkeit

Dür ds Bewusstsi, dass jedes Läbe äs Änd het, sou nid Unsicherheit u Angscht gschüüret wärde, sondern im Gägeteu, Zueversicht u Läbemuet. Derzue si für mi vier Aspekte wichtig:

1. Vergänglechkeit schafft Zyt: Nume wüu üses Läbe Afang u Änd het, hei mir äs Gfüehu für Zyt. Süsch wär aus gliichförmig. Zyt isch äs Gschänk, ä Gab. So het dr Thomas Mann gseit, dass är d Vergänglechkeit aus öppis vom Wäsentlechschte ischätzi, äbe wüu si ersch d Zyt schaffi. D Vergänglechkeit isch nach ihm das, wo em Läbe Wärt u Töifi git.

2. Vergänglechkeit git em Läbe Würde: Einersits setzt natürlech dr Tod em Läbe äs Änd. D Vergänglechkeit vernichtet aber nid Läbe. Im Gägeteu, jede Ougeblick vom Läbe überchunnt dür d Beschränktheit ä unändleche Wärt u isch einmalig, wüu nid wiederholbar. Das macht d Würd vo jedem Läbe us.

3. Vergänglechkeit macht achtsam: «Carpe diem – pflück dr Tag», seit ä auit Wiisheit. Derbi geits um d Qualität vor Läbesgschtautig. Äs geit drum dr Tag mit wärtvoue Wort u Tate z füue. Derbi isches dr Flüchtigkeit vom Läbe gschuudet, dass mir Wäsentlechs nid verschiebe, sondern dass mir im Hüt läbe. Äs cha drum de ou äs «z spät» gä.

4. Ds Leid isch ou vergänglech: Dä Aspäkt vor Vergänglechkeit düecht mi no bsungers bedänkenswärt. Mir beduure hüfig, we öppis verbi geit. Aber derzue dörfe mir durchus ou dankbar si, dass nüt ewig gliich blibt.

So si ou dr Schmärz u ds Leid wandubar. We dr Tod dr Verluscht vome gliebte Mönsch bedütet, we ä Beziehig i Brüch geit, oder we mir persönlechi Niederlage erfahre, de bedütet das Liide u Truur. I der Situation chas ä Troscht si, dass ou ds Schwäre liechter cha wärde.

Das Werk unserer Hände soll überdauern

Ds Läbe isch ändlech. Dass mir üs mit der Tatsach bschäftige, das macht üs schtrach u üses Dasi einzigartig. Dass mir öppis schaffe, dass mir ar Schöpfig mitwürke, das git em Läbe duurhaft Sinn. Mitschöpfer*inne z si, das isch üse Uftrag, -sigs mir schaffe Kunst, mache Musig, sigs mir tüe üsi tägelchi Arbeit ir Schueu u im Bruef, sigs mir achte di Schwache u häufe nach üsne Müglechkeite dene, wos nötig hei. Denn isch üses beschränkte Läbe für d Ewigkeit vo Bedütig.

Lose mr no einsich uf ä Värs us Psalm 90: «Lass, Gott, das Werk unserer Hände uns überdauern. Ja, das Werk unserer Hände soll uns überdauern.»