Gemeindereise
Wir führen einmal pro Jahr eine Gruppenreise innerhalb der Schweiz oder ins benachbarte Ausland durch. Das Angebot richtet sich an alle kulturell und (kirchen)geschichtlich interessierten Gemeindeglieder. Das gemeinsame Unterwegs-Sein erschliesst neue Horizonte und lässt Gemeinschaft bewusst leben.
3. bis 8. September 2023 nach Berlin

Nach verschiedenen Reisen innerhalb der Schweiz haben wir dieses Jahr wieder einmal einen Sprung ins Ausland gewagt. Mit dem Zug fuhren wir tagsüber nach Berlin. Auch innerhalb der Stadt bewegten wir uns die ganze Woche über mit dem Öffentlichen Verkehr. So glichen wir uns langsam aber sicher dem Puls der Stadt an.
Diesen Puls fühlten wir nach unserer ersten Nacht gleich im Zentrum der Hauptstadt. Unter der kundigen Führung von Herrn Olaf Riebe warfen wir einen Blick aufs Brandenburger Tor und betraten dann das Reichstagsgebäude. Im Plenarsaal machte man uns mit dem Parlamentsbetrieb vertraut. Dann stiegen wir auf das Dach und in die Glaskuppel. Von hier aus konnten wir uns einen Überblick über die Stadt verschaffen. Nachmittags tauchten wir wieder in sie ein. Es ging zur Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Eigentlich sind dies zwei Kirchen. Zum einen die bewusst erhaltene Ruine des ursprünglichen Gebäudes, das im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt worden war. Und zum anderen der 1961 eingeweihte Neubau. Von diesem durften wir den «Geheimgang» zwischen den Glaswänden des Kirchenschiffes betreten. So konnten wir die knapp 28'000 einzelnen Fenster aus nächster Nähe bestaunen, welche die Kirche in ein einzigartiges blaues Licht tauchen. Ein Blau, das zum Himmel über Berlin passte.
Dieser leuchtende Himmel wollte so gar nicht zu den dunklen Kapiteln passen, mit denen wir uns auseinandersetzten. Morgens besuchten wir das «Denkmal für die ermordeten Juden Europas»: ein grosses Feld von Stelen, durch die man wandeln und in denen man sich verlieren kann. Eine klare Interpretation für dieses Denkmal wird bewusst nicht geboten. Unter ihm befindet sich aber der sog. «Ort der Information», der eine Auseinandersetzung mit den Abgründen des Holocaust ermöglicht. Hier wird man mit einem Zitat von Primo Levi (1919–1987) empfangen: «Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen: Darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben». Einen wenig hoffnungsvollen Blick auf den Menschen bot auch unser Programm vom Nachmittag. Olaf Riebe führte uns den Spuren der Berliner Mauer entlang zu der Gedenkstätte in der Bernauer Strasse.
Am dritten Tag besuchten wir das Jüdische Museum im Berliner Ortsteil Kreuzberg. Hier wurden wir durch die Dauerausstellung geführt. Eindrücklich, wie dieser historische Rundgang mit dem zickzackförmigen Bau von Daniel Liebeskind zu einer Einheit verschmilzt, die sich aber durchaus auch als sperrig erweisen kann.
Auf eine gute Art sperrig kann auch Kirche sein. Das zeigte der Morgen des nächsten Tages. Wir unternahmen einen Spaziergang zur Zions- und zur Gethsemanekirche. Hier liessen wir uns vom Mut der Menschen beeindrucken, die in diesen Kirchen Widerstand geleistet haben: gegen das NS-Regime und später auch gegen die Regierung der DDR. Wir konnten uns bei dieser Gelegenheit mit einem Zeitzeugen unterhalten, der aus erster Hand von seinem friedlichen Engagement im Jahre 1989 berichtete. Am Mittag assen wir im Innenhof des wiederaufgebauten Stadtschlosses. Dieses trägt nun den Namen «Humboldt Forum» und lädt zum regen Austausch und gemütlichen Verweilen ein. Gleich in der Nachbarschaft liegt die Museumsinsel. Auf dieser statteten wir der ägyptischen Nofretete im gar nicht mehr so «Neuen Museum» einen Besuch ab. Jünger als dieser Bau ist das «Pergamonmuseum», aber leider in einem renovationsbedürftigen Zustand. In ein paar Tagen wird es seine Tore für lange Zeit schliessen. Wir nutzten eine der letzten Gelegenheiten, das legendäre Ischtar-Tor aus Babylon zu besichtigen. Dieses soll für die Öffentlichkeit erst im Jahre 2037 wieder zugänglich sein! Spätestens dann ist Berlin wieder eine Gemeindereise wert.