Hans, Jakob und die besten Plätze
Haben Sie diesen Sommer auch die Fussball-EM mitverfolgt? Falls Sie sogar ein Spiel vor Ort gesehen haben, wissen Sie: In modernen Stadien gibt es eine genaue Platzzuteilung. Dank Buchstaben und Zahlen auf dem Bildschirm meines Smartphones weiss ich exakt, von welchem Sitz aus ich das Spiel mitverfolgen darf. Die besseren Plätze kosten etwas mehr als die schlechteren, und selbstverständlich sind die Plätze auf der «Ehrentribüne» für wirklich wichtige Personen reserviert.
Ehrenplätze gibt es auch an anderen Orten. In manchen Kirchen erinnern alte Ratsherrengestühle an (häufig etwas unbequeme) Ehrenplätze vergangener Zeiten, Opernhäuser bieten Balkone an bester Lage, und auf vielen Schiffen ist das obere Deck für die 1. Klasse reserviert.
Bei Ehrenplätzen geht es nicht nur um die gute Aussicht. Es geht vor allem auch darum, gut gesehen zu werden. Tritt ein:e Politiker:in vor die Medien, wird genau beobachtet, von wem sie rechts und links flankiert wird. Das wussten schon Hans und Jakob vor knapp zweitausend Jahren. In den meisten Bibelübersetzungen heissen sie «Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus». Von ihnen wird berichtet, dass sie mit einer Bitte an Jesus gelangen. «Lass uns neben dir sitzen, wenn du in deiner Herrlichkeit regieren wirst – einen rechts von dir, den anderen links.» (Markus 10,37)
Ihre Bitte zielt auf eine jenseitige Belohnung für die Entbehrungen im irdischen Leben. Jesus reagiert ausweichend. Aber «die anderen zehn» hören das Gespräch und ärgern sich über Hans und Jakob. Ob sie keine interne Rangordnung wollen oder vielmehr selbst die besten Plätze bekommen möchten, wissen wir nicht. Da sagt Jesus zu ihnen allen: «Ihr wisst: Diejenigen, die als Herrscher der Völker gelten, unterdrücken die Menschen, über die sie herrschen. Und ihre Machthaber missbrauchen ihre Macht. Aber bei euch ist das nicht so: Sondern wer von euch gross sein will, soll den anderen dienen.» (42f)
Jesus sagt das mit einfachen Worten, als wäre es eine Selbstverständlichkeit. Die «Machthaber» funktionieren immer noch gleich wie vor zweitausend Jahren. Andererseits fordert auch die Aufforderung an «euch» immer noch gleich heraus: In der Familie, im Verein, bei der Arbeit, in der Nachbarschaft und in der Kirche: Es ist schwierig, nach Jesu Regeln gross sein zu wollen. Wem es aber gelingt, der erfährt eine Genugtuung, die nicht bis zum Jenseits warten muss.
Schon bald beginnt das neue Schuljahr. Auch im Klassenzimmer ist die Platzwahl ein grosses Thema. Mehr dazu erfahren Sie an unserem Familiengottesdienst zum neuen Schuljahr am Sonntag, 10. August um 11 Uhr im Begegnungszentrum Neumatt.
Wir erwarten Sie mit Musik und Wort, mit Kaffeebar und Glacestand, mit Zopf und Hot Dog. Je nach Wetter im schönen Hof oder drinnen. Herzlich willkommen!