Adieu
Alles Gute für den neuen Lebensabschnitt, liebe Ruth Oppliger

Mit der Pensionierung von Pfarrerin Ruth Oppliger geht im Juli 2025 in unserer Kirchgemeinde ein Zeitabschnitt zu Ende.
Ruth hat ihre berufliche Laufbahn vor 33 Jahren als Katechetin in der Kirchgemeinde Burgdorf begonnen, da es damals noch keine Pfarrstelle im Teilpensum gab. Fünf Jahre später stimmte die Kirchgemeinde in einer legendären Versammlung der Aufteilung einer Pfarrstelle auf zwei Personen zu. So wurde Ruth zusammen mit
Marianne Briner eine der beiden ersten Pfarrerinnen in Burgdorf.
Ab 1997 war Ruth als Gemeindepfarrerin tätig und prägte verschiedene Bereiche. Es ist unmöglich an dieser Stelle alles gebührend zu würdigen, einige Stichworte müssen genügen: Der Aufbau der Kinderkirche (kik), die theologische Begleitung zur Einführung der KUW-Unterstufe, die Erwachsenenbildung «Frauenlernspur» zu feministischen Themen, die Vorbereitung und Durchführung der ökumenischen Frauenandachten, die ökumenischen Taizé Feiern, die Entwicklung der Altersarbeit in der heutigen Form, sowie die Medita-tionsabende. Ruth hat Bewährtes weiterentwickelt und mutig Neues angepackt. Sie hat vor allem die Frauen in der Kirche sichtbar gemacht und war vielen Frauen ein Vorbild. Es war für unsere Kirchgemeinde ein Glücksfall, dass ihr Pensum in verschiedenen Schritten von 20% auf 80% erhöht werden konnte. Aufgrund einer schweren Rheumaerkrankung musste Ruth ihr Pensum ab 2016 auf 60% reduzieren.
Ruth nahm die vielfältigen Arbeiten einer Gemeindepfarrerin in den Bereichen Gottesdienst, Unterricht und Seelsorge wahr. Sie war für Spitalbesuche zuständig, sowie für verschiedene Altersheime, zuletzt für den Wohnpark Buchegg. Mehrere Jahre hat sie sich im Amt als Sprecherin des Pfarrteams engagiert. Sie hat zu den Mitgliedern des Kirchgemeinderates, der Verwaltung und den übrigen Mitarbeitenden der Kirchgemeinde einen direkten Draht aufgebaut. Ihre Meinung hatte in den Sitzungen des Kirchgemeinderates Gewicht und wurde geschätzt.
Wir nutzen heute die Gelegenheit, um Ruth Oppliger einige persönliche Fragen zu stellen:
Ruth warum hast du seinerzeit Theologie studiert?
Das hat wohl mit meiner Herkunft zu tun. Ich bin in einer Bauernfamilie im Emmental aufgewachsen und bei uns war die Ehrfurcht vor dem Leben allgegenwärtig. Während meiner Zeit am Gymnasium in Burgdorf hatte ich gute Lehrpersonen, die mir das Interesse an Philosophie und den alten Sprachen näherbrachten. Mit meiner A-Matur in der Tasche begann ich an der Uni Zürich Philosophie und Germanistik zu studieren. Anfang des 3. Semesters kam ich wieder einmal beim theologischen Seminar vorbei. Dieses ist in einem wunderschönen historischen Klostergebäude hinter dem Grossmünster gelegen. Ich trat ein. Sofort fühlte ich mich wohl und willkommen. Ich wechselte das Studienfach. Nach sechs Jahren habe ich dann das Theologie-Studium in Bern abgeschlossen.
War es für dich bereits während des Studiums klar, dass du als Pfarrerin arbeiten möchtest?
Nein, das war für mich kein selbstverständlicher Weg. Es gab damals kaum Frauen im Pfarramt und auch praktisch keine Teilzeitstellen. Ein Professor motivierte mich jedoch, ein kirchliches Praktikum zu absolvieren. Dieses habe ich bei zwei Pfarrerinnen, die in Stellenteilung in Rüfenacht arbeiteten, gemacht. Ich konnte erste Erfahrungen in allen pfarramtlichen Tätigkeiten sammeln, und es wurde mir bewusst, dass mir der Beruf als Pfarrerin in einer Gemeinde entspricht.
Was meinten deine Eltern zur Berufswahl ihrer Tochter?
Sie haben sich gefreut. Von meiner Familie erhielt ich stets grosse Unterstützung für meine Tätigkeiten. Von klein auf, durfte ich auf dem Bauernhof alles lernen, was auch meine zwei älteren Brüder konnten: Traktor fahren, melken und reiten. So war ich es früh gewohnt, zu arbeiten und Verantwortung zu übernehmen. Bei meiner Mutter und ihren vielen Lehrtöchtern bekam ich von Kind auf die Haushaltsführung und die Gartenbewirtschaftung mit. Viel Kreativität durfte ich dabei ausleben. Meine Eltern und meine Familie kamen, wann immer möglich, zu mir in den Gottesdienst, was mir viel bedeutet hat.
Die Aufgaben einer Gemeindepfarrerin sind sehr vielfältig. Welche Aufgaben haben dir besonders gefallen?
Gerade die grosse Vielfalt hat mich angesprochen. Ich habe gerne unterrichtet, und zwar auf allen Stufen. Sehr gerne habe ich Gottesdienste vorbereitet und durchgeführt, die ich wichtig fürs Gemeindeleben finde. Besondere Gottesdienste, welche ich kreativ gestalten konnte, wie die kik Feiern im Chor der Stadtkirche, die Feiern zum längsten Tag rund um die Kapelle, die ökumenischen Frauenandachten und viele mehr, waren meine Leidenschaft. Wichtig sind mir immer wieder neu die Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen. Der Austausch im Pfarrteam ermöglichte eine tragfähige und sichere Konstante. Die Zusammenarbeit mit dem Pfarrteam, aber auch mit den verschiedenen Teams und Berufsgruppen fand ich bereichernd.
Du hast in unserer Kirchgemeinde die Kinderkirche aufgebaut. Wie bist du dazu gekommen?
Als ich in Burgdorf als Pfarrerin angefangen habe, befand sich die Sonntagsschule in einer schwierigen Situation. Unter anderem durch die Einführung der KUW 2/3 fehlten zunehmend die Kinder. Da ich jung war und eine Frau, wurde befunden, dass ich die Leitung der Sonntagsschule übernehmen soll. Ich wollte damals eigentlich dieses Arbeitsgebiet nicht übernehmen, da ich schon zu Hause genug mit kleinen Kindern beschäftigt war. Meine Kinder, Lea 1994 und Samuel 1996 waren mein wunderbarer Familienalltag. Die Sonntagschule wurde aber zu meinem Aufgabengebiet erklärt, und ich begann mich damit zu identifizieren. Mit Freude entwickelte ich die traditionelle Sonntagschule zum Projekt Kinderkirche kik weiter, das zeitgemässe Angebote für Kinder und Familien anbietet. Dabei wurde ich unterstützt von einem engagierten Team von Frauen mit verschiedenen beruflichen Hintergründen. Besonders wertvoll ist für mich die dauerhafte Beziehung zu «meinen» kik- und KUW-Frauen.
Was hat sich in den Jahren, in denen du in Burgdorf warst, bei deinen Tätigkeiten geändert?
Wir haben in den letzten Jahrzehnten kirchliche Angebote erneuert oder auch abgeschafft. Die Bedeutung der Kirche ist im Fluss, gesellschaftlich bedingt gibt es viele Herausforderungen. Und doch ist für mich vieles in der Arbeit als Pfarrerin unverändert geblieben. Die Menschen haben sich nicht verändert. Ihre Ängste und Sorgen, ihre Freuden und Hoffnungen, ihre Grunderfahrungen von Geburt bis zum Tod also, sind dieselben geblieben. Auch heute sind die meisten, auch die Jugendlichen an Themen rund um den Sinn des Lebens interessiert. Meistens war es möglich, in der kik und der KUW zu den Kindern und Jugendlichen eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Mit dem Älterwerden und der Erfahrung mit eigenen Kindern hatte ich zudem mehr Gelassenheit.
Du hattest in den letzten Jahren mit verschiedenen Krankheiten zu kämpfen. Wie bist du damit umgegangen?
Nach längerer Krankschreibung im Winter 2014/15 musste ich auf Anraten der Hausärztin, des Schmerzspezialisten und des Rheumatologen mein Arbeitspensum dauerhaft reduzieren. Dieser Schritt war für mich sehr schwierig. 2023 und 2024 kamen weitere gesundheitliche Einschränkungen dazu, so dass ich in den letzten Berufsmonaten schon schrittweise von einigen geliebten Aufgaben Abschied genommen habe, so von den Gottesdiensten und von der KUW.
Ruth, ab Sommer 2025 bist du Rentnerin. Welche Pläne hast du?
Ich freue mich darauf, ohne viele Termine die Ruhe in meinem Garten zu geniessen, Beziehungen zu pflegen und mich wieder in die alten Sprachen zu vertiefen. Die Theologie im wissenschaftlichen Bereich kam in den letzten Jahren zu kurz.
Liebe Ruth, im Namen des Kirchgemeinderates, des Pfarrteams und der Mitarbeitenden danken wir dir von ganzem Herzen für deinen unermüdlichen Einsatz für die Reformierte Kirche Burgdorf. Du hast dein breites Wissen und deine Talente, viel Kreativität und Herzblut in deine Arbeit eingebracht. Wir wünschen dir Gottes Segen und, dass du den wohl verdienten Ruhestand möglichst ohne gesundheitliche Einschränkungen geniessen kannst.
Annette Wisler Albrecht, Co-Präsidentin Kirchgemeinderat