Das Fest

Gottesdienst am Vortag der Solätte, 25.6.23, 9.30 in der Stadtkirche
Predigttext: Lukas 14,15-24
Pfr. Frank Naumann
 

Das Gleichnis vom großen Festmahl

15 Einer der Gäste am Tisch des Pharisäers sagte er zu Jesus: »Glückselig ist,
wer im Reich Gottes am Mahl teilnehmen darf!«

16Jesus antwortete:
»Ein Mann veranstaltete ein großes Festessen
und lud viele Gäste ein.
17Als das Fest beginnen sollte,
schickte er seinen Diener los
und ließ den Gästen sagen:
›Kommt, jetzt ist alles bereit!‹
18Aber einer nach dem anderen entschuldigte sich.
Der erste sagte zu ihm: ›Ich habe einen Acker gekauft.
Jetzt muss ich unbedingt gehen und ihn begutachten.
Bitte, entschuldige mich!‹
19Ein anderer sagte:
›Ich habe fünf Ochsengespanne gekauft
und bin gerade unterwegs,
um sie genauer zu prüfen.
Bitte, entschuldige mich!‹
20Und wieder ein anderer sagte:
›Ich habe gerade erst geheiratet
und kann deshalb nicht kommen.‹

21Der Diener kam zurück
und berichtete alles seinem Herrn.
Da wurde der Hausherr zornig
und sagte zu seinem Diener:
›Lauf schnell hinaus
auf die Straßen und Gassen der Stadt.
Bring die Armen, Verkrüppelten, Blinden
und Gelähmten hierher.‹
22Bald darauf meldete der Diener:
›Herr, dein Befehl ist ausgeführt,
aber es ist immer noch Platz.‹
23Da sagte der Herr zu ihm:
›Geh hinaus aus der Stadt
auf die Landstraßen und an die Zäune.
Dränge die Leute dort herzukommen,
damit mein Haus voll wird!‹
24Denn das sage ich euch:
Keiner der Gäste, die zuerst eingeladen waren,
wird an meinem Festessen teilnehmen!«

Predigt

Morgen ist Solätte – zum 290. Mal. Viele sind am Vorbereiten, damit alles parat ist, wenn es mit der Fahnenübergabe / Zapfenstreich heute Abend offiziell losgeht. /
Wir feiern schon mal vor: heute morgen im GD und heute Nachmittag mit dem Doppelkonzert in der Kapelle.
Sicher gibt es ein paar Leute in Burgdorf, denen das Fest und sein Rum-mel nichts sagen. Doch die meisten würden die Solätte freiwillig nicht verpassen wollen. Und die Pandemie zeigte uns ja, was es bedeutet, wenn so ein Fest nicht stattfinden kann.
«Man sieht sich an Solätte!» Wie oft habe ich das in den letzten Jahren gehört. Die Gelegenheit will man nicht missen. Heim-weh-Burgdorfer, schon lange Ansässige und neue BewohnerInnen treffen sich, feiern mitei-nander. Rund um die Festzüge, die Kirchenfeier und das Programm auf der Schützenmatte: Ein Apéro da, ein Erdbeertörtli dort, eine Klassenzu-sammenkunft, ein Familientreff. Wer würde das verpassen wollen?

Und genau das ist die Frage, die das Gleichnis vom Festmahl beschäftigt! Wer würde diese Einladung verpassen wollen?
DA lädt nicht irgendeiner ein! Einer, den man kennt, ein Angesehener der Stadt, lädt zum grossen Festessen ein (Bei MT ist es sogar eine Hochzeit, bei Luther ist es ein grosses Abendmahl)
Kann man / frau dieses Fest verpassen / auslassen / wichtigere Termine haben?!

Ja, man kann.
Ihr habt die Entschuldigungen gehört. Es sind gute Gründe. Immer wieder bleibe ich an denen hängen! Da es gute Gründe sind:
Ich habe einen Acker erworben
Ich habe fünf Ochsengespanne gekauft
Ich habe gerade erst geheiratet
Das sind doch gute Gründe: Der Acker dient der Lebensgrundlage und Ochsengespanne braucht’s für die Arbeit. Und die eigene Hochzeit als Fest sticht die andere Einladung sicher aus. Ihr kennt die eigenen guten Gründe.

Warum lassen sich die Leute das grossen Festessen entgehen? Das muss viele beschäftigt haben, denn bspw. schon das Thomas-EV. nennt noch weitere ähnliche Gründe:
Finanzielle Ansprüche an Händlern, die kommen.
Haus gekauft, da braucht man mich.
Mein Freund heiratet, ich bin Dätschmeister.
Dorf gekauft, ich muss Pacht einziehen.

Warum lassen sich die Leute das grossen Festessen entgehen? es ist ja nicht irgendein Festessen, es ist ein Gleichnis für Gottes Einladung an sei-ne Menschen – treffend sagt da einer zu Jesus: »Glückselig ist, wer im Reich Gottes am Mahl teilnehmen darf!«
Das muss die Menschen damals beunruhigt haben, als die junge Gemeinde nicht den Zulauf fand, den man sich nach Ostern und Pfingsten erhoffte. Warum kommen nicht die, mit denen wir gerechnet haben. Und das be-schäftigt uns heute, dass die Kirchen selten voll sind. Dass es statt der Entschuldigungen Austritte kommen und es neben der Kirche viele andere Angebote gibt. Scheinbar gab es schon damals und nicht erst heute viele Wege, «Glückselig» zu sein.
Warum schlagen die Leute diese Einladung aus?

Viele Gemeinden beschäftigt diese Frage – damals wie heute. Ein Theolo-ge namens Walter Neidhart hat diese Frage auch beschäftigt und folgende Geschichte geschrieben:
"Die Frau eines berühmten Schriftgelehrten darf nicht dabei sein, wenn ihr Mann mit seinen Schülern zusammensitzt. Sie muß kochen, den Tisch de-cken und servieren. Aber einiges weiß sie von dem, was ihr Mann lehrt: Das Reich Gottes wird kommen. Es wird eine fröhliche Gemeinschaft mit Gott sein. Es wird keine Tränen mehr geben. Es wird wie ein herrliches Fest sein für alle, die Gottes Willen kennen und tun. Dabei sein werden Menschen wie ihr Mann, seine lerneifrigen Schüler, die frommen Priester, und sie auch, wenn sie eine treue, gehorsame Dienerin ihres Gatten bleibt.

Da hört sie von Jesus. Ihr gefällt, daß zu seinem Jüngerkreis auch Frauen gehören. Eindruck macht ihr das Gebet, das Jesus gelehrt hat: das Unser-Vater. Sie betet es oft. Aber in letzter Zeit hört sie von ihrem Mann und dessen Kollegen und Schülern viel Kritik an Jesus. Er sei ein falscher Pro-phet und Verführer. Die Frau fragt, warum. Antwort: «Sieh dir bloß das Gesindel an, das sich um ihn sammelt. Alle in unserem Volk, die von Gott erleuchtet sind und die das Gesetz kennen, lehnen ihn ab. Nur die, welche die Wahrheit nicht verstehen, laufen ihm nach. Diese Gründe leuchten der Frau ein. Mit der Botschaft Jesu muß etwas nicht stimmen, wenn alle die-jenigen, die in der Weisheit Gottes unterrichtet sind, ihn ablehnen. Die Behauptung Jesu, daß das Reich Gottes gekommen ist, ist unglaubhaft, wenn diejenigen, die zuerst zum Reich Gottes gehören, sie ablehnen. Die Frau hat Gelegenheit, ihre Zweifel vor einem Jünger Jesu zu äußern. Als Antwort erzählt er ihr das Gleichnis vom großen Gastmahl."

Wie bei der Frau kennen wir Zweifel oder Fragen. Das Gleichnis gibt Antwort darauf: Warum nicht so viele kommen. Und nicht die, die man erwartet. Andere Fragen bleiben offen: Warum macht der göttliche Gast-geber das nicht geschickter/attraktiver? Warum wird er so menschlich und sogar als «zornig» beschrieben. Auch das gab schon früher zu reden. Das Thomas-Ev. bspw. lässt das mit der Enttäuschung des Gastgebers schlicht weg und sagt stattdessen: «bring die, die du findest. Käufer und Verkäu-fer sollen nicht kommen…»
Das Gleichnis vom grossen Festessen: Wichtig am Vortag der Solätte ist für mich, dass Gottes Reich wie ein Fest ist. Ein Grosses mit allem drum und dran. Und ich wäre schon blöd, wenn ich das verpassen würde, auch wenn ich noch so gute Gründe hätte.
Vielleicht hat’s an so einem grossen Fest auch ein paar Leute, mit denen ich nicht so viel zu tun haben will. Und das mit der Nächstenliebe wird halt auch an einem Festtag nicht automatisch einfacher. Doch das scheint mir nicht der springende Punkt zu sein.

Für mich gibt es drei wichtige Punkte für heute und morgen:
1. Das Reich Gottes gleicht einem grossen Fest. Es ist schön, üppig, fröh-lich, wunderbar – das will ich mir nicht entgehen lassen.
2. Jedes Fest braucht Vorbereitung: vom Gastgeber und von den Gästen: wenn ich morgen als missgestimmter «Mürgu» im Pyjama ans Fest komme, wird das wohl nichts mit dem Feiern. So wie ich mich auf die Solätte vor-bereite mit festlicher Kleidung, mit Blumen und anderem mehr. Meine Einstellung macht, was ich vom Fest erwarte und wie ich es erleben kann. (vielleicht sogar mitwirken / unterstützen)
3. Jesus sagt, Gottes Reich hat schon begonnen. Es kommt nicht erst am St. Nimmerleinstag. «Gottes neue Welt» hat schon begonnen und breitet sich aus. All dem, was dagegen sprechen mag, zum Trotz.
Es zeigt sich in vielem, was schon da ist, was wächst und blüht und reift und weitergeht. Das kann man entdecken. im Kleinen wir im Grossen. Das lässt sich feiern: Heute am Sonntag / morgen an Solätte / übermorgen im Alltag!


Louis Armstrong hat das besungen: WHAT A WONDERFUL WORLD – sein Song ist wie eine Sehschule, für das, was schon da ist. Übt uns, das Wunderbare zu entdecken. Das Kleine, das gross werden will. Zu staunen gibt es jeden Tag:
"Ich sehe grüne Bäume, rote Rosen – sie blühen für dich und mich. Und ich denke so bei mir: was für eine wunderbare Welt!

Ich sehe den blauen Himmel, weiße Wolken, den vom Licht verwöhnten Tag und das ehrwürdige Dunkel der Nacht –
und ich denke mir: was für eine wunderbare Welt!

Die Farben des Regenbogens, die sich an Himmel so hübsch ausmachen, spiegeln sich in den Gesichtern der Menschen wider, die ihn sehen.

Ich sehe Freunde, die sich mit „Na, wie geht’s?“ begrüßen –
was sie eigentlich meinen ist: „Ich liebe dich!“

Ich höre kleine Babys schreien, sehe, wie sie aufwachsen –
sie werden eines Tages mehr lernen, als ich je gewusst habe.
Und dann denke ich mir: was für eine wunderbare Welt!"

Gebet

Ja, Gott, Dein Fest komme, in dem Raum für alle ist: Mach Mut, die Fest-stimmung in den Alltag zu retten. Mit Schwung und Freude auch die nor-malen Wochentage zu leben. Erbarme dich.
Ja, Gott, Dein Reich komme: Lass uns Wege finden zu mehr Gerechtig-keit, gib Raum für alle, lehre uns in der Mitte zu teilen mit denen am Rand. Erbarme dich.
Ja, Gott, Dein Fest komme: bewahre uns vor den gescheiten Ausreden und den immergleichen Entschuldigungen, warum wir gerade jetzt keine Zei-ten haben für dich und deine Welt. Erbarme dich.
Ja, Gott, Dein Reich komme, in dem Raum ist für alle. für die ohne Hei-mat und für die mit / für die ohne Zuhause und für die mit einem Dach über dem Kopf // für die ohne Vertrauen, für die mit wenig Chancen wie für die, die von allem mehr als genug haben. Erbarme dich.
in der Stille bitten wir um Trost für Trauernde, Heilung für Kranke, Hoff-nung für Verzweifelte.

In Deine Hände legen wir, was wir selber nicht vollbringen können. Erbarme dich.

Segen

Der Barmherzige segne dich und behüte dich.
Der Gütige lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Der Ewige hebe sein Angesicht zu dir und gebe dir Frieden.


Musik. Gestaltung: Nina Wirz (Orgel), Eliane Schweizer (Flöte) und Bernhard Häberlin (Gitarre)